Clubtreue ist stärker als manche Ehe
Es ist eine gute Tradition im Lübecker Yacht-Club, seine treuen Mitglieder einmal im Jahr in die Mitte der Gemeinschaft zu stellen. Bereits zum 30. Mal lud der Vorstand zum Gold- und Silber-Dinner ins Clubhaus ein, berichtete in den Laudationes über die Vita der Vereinsjubilare, die 25, 50 oder gar bis zu 85 Jahre dem Club die Treue gehalten haben. Ein kleines Präsent für die Geehrten und ein Vier-Gänge-Menü rundeten den Abend ab, den die LYC-Vorsitzende Andrea Varner-Tümmler und der ehemalige Präses Günther Faust mit einigen Anekdoten aus dem Seglerleben der Jubilare würzten.
„Liebe Greise und Greisinnen und diejenigen, die es mal werden wollen!“ Mit dieser flapsigen Anrede gab Günther Faust schon in der Begrüßung die launige Grundstimmung des Abends vor, um dann mit einem Seitenhieb auf die Liebe zum Club und/oder Ehepartner fortzufahren: „Die Dauer einiger Mitgliedschaften im Lübecker Yaht-Club sind länger als so manche Ehen.“
Diese Feststellung konnten die jungen „Silber-Mitglieder“ ohne Zweifel bestätigen. Als sie vor 25 Jahren dem Verein beitraten, da waren sie von einem heiratsfähigen Alter noch weit entfernt. Doch auch mit ihren jungen Jahren haben sie den Stander des Lübecker YC schon weit hinaus in die Welt getragen. Dr. Maike Marlene Oehme machte sich bereits als Bezwingerin des Atlantiks einen Namen, und Johannes Babendererde segelte als Starboot-Steuermann auf Weltklasse-Niveau bei Regatten rund um die Welt, verbrachte zudem beruflich einige Jahre in Singapur, wo er bei lokalen Events ebenfalls für den LYC an den Start ging. Dr. Hans Richter setzte dagegen lokale Schwerpunkte. Als Crewmitglied der „Spökenkieker“ ist er auf der Ostsee unterwegs und war auch für die Jugendarbeit im LYC aktiv.
Für 40 Jahre Mitgliedschaft wurde Irmgard Faust geehrt. Für sie sie lag der Eintritt in den Verein nicht nur geographisch nahe. Nur ein Wakenitz-Spaziergang trennte das eigene Grundstück vom LYC, als Opti-Trainerin half sie der Jugend beim Einstieg in den Segelsport, und ihren Mann unterstützte sie schließlich bei der Vorstandsarbeit.
Gestärkt durch geräuchertes Forellenfilet mit Flusskrebs-Eier-Vinaigrette und einer Rahmsuppe von der Steckrübe durften noch vor dem Schweinefilet „Wellington“ und der pochierten Rotweinbirne die Gold-Mitglieder mit 50 und 55 Jahren LYC-Zugehörigkeit ihre Lobesreden hören. Die waren gespickt mit Erkenntnissen, die so mancher tief im Gedächtnis vergraben hatte. So wusste Günther Faust über Jens-Christian Höhl zu berichten, dass er einst zur Travemünder Woche – ausgestattet mit Biergutscheinen für rund 1000 Liter – seinen 470er mit Gerstensaft geflutet habe. Der Leistung war das zwar nicht zuträglich, wohl aber dem Spaß. Doch segeln konnte Höhl auch. 1976 wurde er Landesjugendmeister noch vor den Sach-Brüdern. Und mit dem Drachen ist er europaweit auf den Regatten unterwegs gewesen.
Große Schwierigkeiten hatte einst Jens Lüders mit seinem ersten Piraten. Das gute Stück zog so viel Wasser, dass es mehr unter als über Wasser unterwegs war. In den 70er-Jahren kaufte sich Lüders dann aber ein „ordentliches Schiff“, besegelte und bewohnte schließlich über Jahre eine schicke Ketsch.
Ein kompaktes Seglerleben wie kaum ein Zweiter hat Horst-Wilhelm Ströh verlebt. Im Finn und Drachen hinterließ er große Fußspuren. Er segelte Travemünder Wochen, Kieler Wochen, Weltmeisterschaften und Gold-Cups und gewann 1978 den Queenscup. Eine Trophäe, die heute noch in Ehren gehalten wird und für die im Clubhaus eigens eine Vitrine in die Wand eingelassen wurde.
Das Schicksal eines viel zu maroden Piraten teilte Heidi Görgens einst mit Jens Lüders. Zum Beginn ihrer 55-jährigen LYC-Karriere fiel sie durch eine Jolle auf, die nur mit sechs Mann getragen werden konnte. Später wechselte sie aber schließlich auf ein Dickschiff und fand im Club auch das Liebesglück.
Das Glück, im LYC beheimatet zu sein, hat Mario Lübbers auch ins Ausland mit sich getragen. Nach seinen Anfängen in den 60er Jahren mit der O-Jolle auf dem Ratzeburger See wechselte er schließlich auf den Piraten und dann mit dem Dickschiff auf die Ostsee. Der beruflich bedingte Umzug ins Binnenland brachte ihn schließlich an den Lago Maggiore. Doch dem LYC hielt er dabei über 55 Jahr stets die Treue.
Diamantene Hochzeit mit dem Club feierten bereits Klaus-Peter Möller und Peter-Uwe „Dicki“ Voss. Beide verbindet inzwischen die Leidenschaft für die 12'-Dinghy-Klasse, und beide sind weithin im Verein bekannt. Klaus-Peter Möller war stets ein Liebhaber der Jollenklassen, segelte H-Jolle, Pirat und Finn und brachte sich als Chef der Logistik auch in den Travemünder Woche ein. Sein Treue zum Verein wird in der Familie weitergelebt. Den Eintritt seiner beiden Enkel Paul und Emil hat Klaus-Peter Möller bereits angekündigt.
Peter-Uwe Voss liebte die verschiedenen Varianten des Segelsports. Er kaufte ehemals die Club-Trias, segelt auf diversen Regatten, nahm auf der „Adler von Lübeck“ an der Geschwaderfahrt des DSV über den Atlantik nach New York teil, ließ Ziele wie das Rote Meer, Korsika oder Zypern in seinem Kielwasser und schreckte auch nicht davor zurück, sich in einen rasanten Eissegler zu zwängen.
Eisern (65 Jahre) ist die Treue von Günter Arndt zu seinem Club – und legendär seine Bereitschaft, sich für diesen einzusetzen. „Ohne langes Bitten hast Du immer zur Verfügung gestanden“, so Günther Faust. So arbeitete Günter Arndt insgesamt 31 Jahre in verschiedenen Positionen im LYC-Vorstand mit, war Geschäftsführer der Travemünder Woche und zudem im Kreisseglerverband aktiv. Auch beim Eisarsch und Sparclub brachte er sich ein. Ein Wunder, dass dabei noch Zeit blieb, um O-Jolle und 12'-Dinghy zu segeln. „Ich hatte fünf Hobbys: die Familie, die Firma, den Yacht-Club, die klassische Musik und Reisen. Manchmal weiß ich nicht, wie das alles geklappt hat. Aber meine Frau hat mir den Rücken freigehalten. Die Arbeit für den Club hat mir immer Spaß gemacht“, so Günter Arndt.
In Abwesenheit von Rolf Lehmann, der seit 85 Jahren dem LYC angehört, am Abend der Ehrungen aber aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen konnte, wurde Hans-Peter Schlichting die Ehre zuteil, das dienstälteste Mitglied im Raum zu sein. Der Enkel des Gründers der Schlichting-Werft trat im Dezember 1946 in den Club ein, nachdem er in den letzten Kriegsjahren O-Jolle auf der Trave gesegelt war. In der Besatzungszeit nahm der Segelsport zwar nur langsam wieder Fahrt auf, doch Hans-Peter Schlichting gelang es, seinem Sport zu frönen, als er unerlaubt nach Dänemark segelte – unter der Lübschen statt der deutschen Flagge. Langfahrten mit dem „Silberlachs“ wurden später zum Mittelpunkt der Familie. Im Sommer ging es auf Törn – durch die Ostsee bis hinauf zu den Aland-Inseln. Seemeilen-Plaketten des LYC hat Hans-Peter Schlichting damit viele eingesammelt – und nun auch die Ehrung für 70 Jahre Treue zum Lübecker Yacht-Club.